home
fr | de

Florian Favre Trio / Album: Die CD Tipps von Radio Swiss Jazz

Bild © Nicole Pfister
 
T'inquiètes pas, ça va aller
Album 2013 - Anuk Records

Im Gegensatz zur zweiten Neuerscheinung eines Schweizer Piano-Trios, die wir in diesem Newsletter vorstellen, derjenigen des (wenn auch nur temporär) ausgewanderten Jean-Paul Brodbeck, ist das Debut-Album des jungen Freiburger Pianisten Florian Favre eine reine Schweizer Produktion. Kennengelernt haben sich die drei Protagonisten, der Genfer Bassist Manu Hagmann, der Bieler Kevin Chesham am Schlagzeug sowie Florian Favre an der Jazz-Abteilung der Hochschule der Künste in Bern. 
Ja, Neuerscheinungen von Piano-Trios sind in ihrer Vielzahl (nur schon aus der Schweiz!) tatsächlich kein aussergewöhnliches Ereignis. Allerdings macht es diese Tatsache für die Musiker auch nicht einfacher, aus der Masse des Angebots herauszustechen. Was mich an der vorliegenden CD von Beginn an fesselte ist die Leichtigkeit, die Natürlichkeit, mit der das Trio die eigenständigen, teilweise vertrackten Kompositionen aus der Feder Favres interpretiert. Das hat zu keinem Zeitpunkt etwas bemüht Modernes oder Gesuchtes. Wie selbstverständlich die drei mit hergebrachten Jazz-Formen und -Strukturen brechen und wie selbstsicher sie beispielsweise in "Kaputt" ihre eigene Deutung des Jazz präsentieren, ist beeindruckend und macht schlicht grosse Freude beim Zuhören. In diesem Stück, wie in nahezu allen anderen Titeln, wird die bekannte Jazz-Formel [Thema*, Improvisation(en), Thema] beinahe gänzlich beiseite gelassen – allerdings ohne dass man es bewusst wahrnehmen würde, so flüssig und logisch kommt alles daher. Und das ist das eigentlich Bemerkenswerte. 

Ohne die Jazz-Tradition zu ignorieren, verarbeiten die drei in Kompositionen wie "Search For Infinity" oder "Tourner autour du pot" ebenso selbstverständlich andere Einflüsse, beispielsweise aus der Rockmusik, im Klang-Mäntelchen des Piano-Trios. Die meditativen Klänge in "Alone In Space" erinnern entfernt an den Nu Jazz des Norwegers Bugge Wesseltoft und in "L'homme qui ne voulait pas mourir seul" meint man, hier und da etwas Erik Satie zu hören. Einzig "Horace", eine Hard Bop-Nummer und wohl Hommage an den grossen Jazz-Pianisten Horace Silver, tanzt in diesem eigenständigen und durchaus eklektischen Reigen etwas aus der Reihe. Das bleibt aber die Ausnahme. 

Die drei Musiker begegnen sich dabei musikalisch stets auf Augenhöhe, was auch bedeutet, dass der Pianist Florian Favre zeitweise Groove-Arbeit verrichtet, Kevin Chesham sein Schlagzeug stets als Lieferant von Geräuschen und Klangfarben einsetzt und Manu Hagmann am Kontrabass häufig auch melodisch ins Geschehen eingreift. 

Ein Album voller frischer Ideen und Energie, modern und zugänglich zugleich! In den Ohren des Autors ein Aushängeschild des jungen Schweizer Jazz.


Raphael Ochsenbein
Radio Swiss Jazz / 26. Aug. 2013

www.manusound.net